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Was rechtfertigt das 233-Fache Einkommen eines Vorstandsvorsitzenden im Vergleich zu seinen Angestellten?

Von Hubert von Brunn

Vergütung der Dax-Chefs auf Rekordniveau“ vermeldeten die Gazetten am Freitag die „Frohe Botschaft“ zum Wochenende. Im Schnitt stopfte sich 2016 jeder der 30 Dax-Vorstände 7,14 Mio. € in die Tasche – 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Von „verdienen“, wie manche Kollegen formulierten, kann ja wohl nicht die Rede sein. Gleichzeitig konstatiert der von Frau Nahles vorgelegte 5. Armuts- und Reichtumsbericht: Die unteren 40 Prozent der Beschäftigten haben 2015 real weniger verdient als Mitte der 90-er Jahre; zwei Millionen Kinder sind armutsgefährdet. – Das macht wütend!

An der Spitze der Millionendiebe steht der Studie des Beratungsunternehmens hkp-Group zufolge jetzt SAP-Chef Bill McDermott mit einer Vergütung von unverschämten 15,33 Mio. € – das 126-Fache des im Konzern gültigen (vergleichsweise sehr hohen) Durchschnittsverdienstes. Der letztjährige Spitzenreiter, Daimler-Chef Dieter Zetsche, erreichte dieses Mal mit 13,78 Mio. € nur Platz zwei im Ausbeuter-Ranking. Besonders widerlich erscheinen diese Millionen-Einkünfte der Dax-Bosse bei jenen Unternehmen, die ihre Angestellten traditionell besonders schäbig bezahlen: Beispiel Deutsche Post. Während die Angestellten mit durchschnittlich 40.000 €/Jahr abgefertigt werden, sackte Unternehmens-Chef Frank Appel 2016 etwa das 233-Fache (!), also rd. 9,3 Mio. € ein. Kann mir irgendein vernunftbegabter Mensch nachvollziehbar erklären, wodurch diese unglaubliche, zutiefst unmoralische Einkommens-Schere zu begründen wäre?

Geldgier kennt keine Grenzen: 12 Mio. nach 13 Monaten!

Ausgerechnet das einstige deutsche Vorzeigeunternehmen VW hat in den letzten Monaten in Serie deutlich gemacht, mit welcher Chuzpe die Damen und Herren Topmanager Millionen für Nichts einsacken. Kaum hatte man das 17-Millionen-Geschenk für konsequentes Nichtwissen an Herrn Winterkorn „verdaut“, wird die Causa Hohmann-Dennhardt ruchbar. Nach nur 13 Monaten Tätigkeit beim größten europäischen Autobauer – im Vorstand zuständig für Integrität und Recht (!) – schickt man die 66-Jährige mit einer Abfindung von 12 Mio. € in den wohlverdienten Ruhestand. Ursprünglich sollte Frau Hohmann-Dennhardt den Abgasskandal aufklären und dafür sorgen, dass Behörden und Öffentlichkeit VW wieder als ehrliches Unternehmen wahrnehmen. Die Leistungen der Dame waren diesbezüglich offensichtlich recht überschaubar.

Das ist bösartig, krank, pervers und sonst etwas, aber wen interessiert’s? Die Frau mit dem einnehmenden Wesen findet das üppige VW-Handgeld für ihr 13-monatiges Versagen völlig in Ordnung und kann sich über einen sorgenfreien Ruhestand freuen. An der Stelle darf auch das Versagen des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz nicht unerwähnt bleiben. In all seinen Reden hat der „100-Prozent- Messias“ bisher stets wortgewaltig schwadroniert, wie sehr ihm das Schicksal der „hart arbeitenden Menschen“ am Herzen liege und er alles dafür tun wolle, um für mehr „soziale Gerechtigkeit“ zu sorgen. Na bravo. Aber der Genossin Hohmann-Dennhardt zu vermitteln, dass ihre obszöne Geldgier in der Öffentlichkeit (und auch bei der SPD-Basis) überhaupt nicht gut ankommt und sie seinem Anspruch, Kanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden“, damit definitiv schadet – das hat er nicht vermocht. Da fällt mir ein Ausspruch von Oliver Kahn ein, aber ich verzichte darauf, ihn hier zu zitieren.

Die unteren Schichten gehen nicht mehr wählen – Wozu auch?

Wenden wir uns dem unteren Segment der Einkommensskala zu. Sozialministerin Andrea Nahles hat bei der Präsentation des 5. Armutsberichts der Bundesregierung beklagt, dass die Meinung der weniger wohlhabenden Menschen „seltener umgesetzt“ wird und es nicht sein dürfe, „das Wählerstimmen je nach Einkommen mehr oder weniger wert sind“. Mit anderen Worten: Die „da unten“ gehen zunehmend nicht mehr zur Wahl, weil sie sich und ihre Anliegen, ihre Sorgen und Nöte überhaupt nicht mehr vertreten fühlen, von keiner Partei. Also wozu wählen, wenn sich an dem Elend sowieso nichts ändert? Diese Politikverdrossenheit der unteren Schichten, wollte Frau Nahles auch in dem Armutsbericht deutlicher betonen. Aber da hatte das Kanzleramt etwas dagegen.

Der Satz: „In Deutschland gibt es eine klare Schieflage in der politischen Entscheidung zulasten der Armen“ wurde ebenso gestrichen wie der Befund, dass politische Veränderungen wahrscheinlicher sind, wenn sie von einer großen Anzahl von Befragten mit höherem Einkommen unterstützt werden. Na klar: Geld regiert die Welt oder haste was, biste was. Diese Erkenntnis ist weiß Gott nicht neu, aber im Merkel’schen Weltbild kann nicht sein, was nicht sein darf. Diese kommunistische Dialektik hat die ehemalige FdJ-Sekretärin verinnerlicht – und davon kommt sie auch nicht mehr los. Nur immer so tun, als sei alles in Ordnung – im Zeichen der Raute.

Aber die Menschen sind nicht blöde, selbst die Habenichtse nicht. Dank der heute für jedermann zugänglichen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten ist es eben nicht mehr so leicht, das Volk für dumm zu verkaufen. Auch wenn man kein Fan von Frau Nahles ist, so muss man ihr hier doch zugute halten, dass sie den Armutsbericht – entgegen der vom Kanzleramt vorgegebenen Marschrichtung – kritisch kommentiert hat: „Wir sehen eine verfestigte Ungerechtigkeit“, beklagte sie und bezifferte diese Spaltung präzise: „Die Haushalte in der unteren Hälfte der Verteilung verfügen über rund ein Prozent des gesamten Nettovermögens, während die vermögensstärkeren zehn Prozent der Haushalte mehr als die Hälfte des gesamten Nettovermögens besitzen.“ Die Sozialministerin hat ganz offenbar noch ein Gespür dafür, dass jene „verfestigte Ungerechtigkeit“ einen ungeheuren sozialen Sprengstoff in sich birgt. Um dem nachhaltig entgegen zu wirken, wird es mehr bedürfen, als den rosarot gefärbten Sprechblasen des SPD-Messias’.

Wehe, wenn der Mittelstand sich ausklinkt!

Wenn man das von Frau Nahles skizzierte Szenario weiter denkt, gelangt man zu einem Ergebnis, das weder schön, noch wünschenswert – aber sehr wahrscheinlich ist: 1.Weniger als die Hälfte der Bevölkerung (Tendenz stetig fallend) geht überhaupt noch zur Wahl. Das Ergebnis sind Drei-oder Vier-Parteien-Koalitionen mit einer absurd schwachen Minderheitsregierung an der Spitze. Auf wie viel „Souverän“ darf sich eine solche Regierung dann noch berufen? Hat das dann überhaupt noch etwas mit Demokratie zu tun? 2. Von dieser Verweigerungshaltung „von unten“ wird ein Sog auf den Mittelstand ausgehen, also auf die (noch) tragende Säule unserer Gesellschaft: Die unten machen nicht mehr mit, werden aber vom Staat alimentiert; die ganz oben, die Superreichen und Konzerne, die Milliarden umsetzen, aber ganz wenig oder gar keine Steuern bezahlen, behalten ihre Privilegien, während wir in der Mitte immer mehr Belastungen aufgebrummt bekommen und den Laden munter weiter finanzieren sollen. Nein! Jetzt machen wir auch nicht mehr mit. – Dann werden letztendlich die Lobbyisten es sein, die hinter verschlossenen Türen über die Zusammensetzung von Regierungen und Parlamenten bestimmen und Wahlen verkommen endgültig zur pseudodemokratischen Farce. Wenn der Mittelstand sich ausklinkt, dann bekommen die Regierenden wirklich ein Problem.

Die Millionendiebe der Dax-Konzerne und andere superreiche Profiteure des Turbokapitalismus’ wird dieses Gerangel um die – aus ihrer Sicht – Peanuts im Verteilungskampf wenig interessieren. Sie haben ihre Millionen und Milliarden längs gut getarnt an einem sicheren Ort auf der Welt untergebracht und scheren sich einen Dreck darum, wenn nicht zuletzt durch ihre maßlose Geldgier demokratische Gesellschaften zusammenbrechen, Hunger und Not immer weiter um sich greifen und sich das Elend immer heftiger in kriegerischen Auseinandersetzungen entlädt. Sie werden gemütlich auf der Terrasse vor ihrer Villa auf den Cayman Islands in der Sonne schaukeln, ihren Blick wohlgefällig über die palmengesäumte Bucht schweifen lassen und den gut geeisten Cocktail aus der schwarzen Hand ihres livrierten Dieners in Empfang nehmen.

 


Mit der Humanen Marktwirtschaft schlagen wir keine dirigistischen Eingriffe selbst in irrsinnige Gehaltsstrukturen vor. Aber das System des Wertspeichers macht exorbitante Einkommen sozial unschädlich, indem es diesen Überfluss der Allgemeinheit zur Verfügung stellt, ohne ihn dem Eigentümer wegzunehmen. Klingt wie die Quadratur des Kreises? Lesen Sie "Die Humane Marktwirtschaft" nach Haisenko/von Brunn und Sie werden sehen, wie einfach das gehen kann. Im Buchhandel oder direkt vom Verlag zu bestellen hier.

 


Hubert von Brunn ist der Autor des lebenspraktischen Ratgebers „Strategie der Sieger – oder – Wer, wenn nicht ICH“. Dieses Werk unterscheidet sich von der Vielzahl an Ratgebern dadurch, dass es nicht einfach aus dem Amerikanischen ins Deutsche transferiert worden ist, sondern in Deutschland entwickelt wurde und so den deutschen Gegebenheiten besser gerecht wird. Erhältlich im Buchhandel oder direkt zu bestellen vom Verlag hier.

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