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Der Flugzeugabsturz in Südkorea wird nicht aufgeklärt

Von Peter Haisenko 

Am 29. Dezember 2024 ist die B737/800 der Jeju-Air bei der missglückten Landung am Flughafen Muan in Südkorea zerschellt. 179 Menschen kamen zu Tode und zwei überlebten. Jetzt wurde bekanntgegeben, dass sowohl der Stimmen- als auch der Flugdatenrecorder vier Minuten vor dem Unglück versagten. Da horcht der Fachmann auf.

Auch eine B737 ist so ausgelegt, dass die Recorder aufzeichnen, solange auch nur ein wenig Strom zur Verfügung steht. Ohne diese Aufzeichnungen ist es sehr schwierig, den Unfallhergang zu rekonstruieren und die Wahrscheinlichkeit, dass sie versagen, ist äußerst gering. So taucht die Frage auf, ob hier etwas vertuscht wird. Es könnte um Haftungsfragen gehen.

In Zeiten des Internet und der allgegenwärtigen Digitalkameras gibt es von jedem Unfall in bewohnten Gegenden eine Fülle von Videos, die den Ablauf aus allen möglichen Winkeln zeigen. So auch diesmal. Bei Betrachtung des Unglücks fällt auf: Die Boeing hatte sehr, sehr spät Bodenkontakt und war sehr, sehr schnell, bevor sie an einem Wall zerschellte. Der Anstellwinkel, also der Winkel, wie hoch die Nase gehalten war, war nahe Null beim Bodenkontakt. Die Boeing flog noch mehr, als dass sie auf dem Boden rutschte, ohne Fahrwerk. Siehe Bild oben. Warum war das so?

War die Crew übermüdet?

Der Flug der Boeing war um 02:00 in Bangkok gestartet und hatte eine Reisezeit von etwa viereinhalb Stunden vor sich. Man darf davon ausgehen, dass die Crew nicht „taufrisch“ war, als sie in Muan den Anflug von Süden kommend auf die Bahn 01 begann. Es ist als gesichert anzunehmen, dass es einen Vogelschlag gab, der das rechte Triebwerk beschädigt haben könnte. Es wurden Federn und Blut gefunden. Das Fahrwerk war noch nicht ausgefahren und es wurde durchgestartet. Daraufhin erklärte die Crew Luftnotlage. Jetzt beginnen die Minuten, während derer die Recorder ausgefallen sein sollen. Aber gerade diese letzten Minuten wären für die Aufklärung entscheidend. Einige Minuten nach dem Durchstartmanöver startete die Crew den Anflug aus der Gegenrichtung auf die Bahn 19, kam zu schnell rein und das Unglück geschah.

Warum war das Fahrwerk nicht ausgefahren? Auch bei der B737 gibt es alternative Verfahren, alle drei Fahrwerke von Hand auszufahren. Das braucht ein paar Minuten Zeit. Wenn man es nicht kürzlich geübt hat, ein paar Minuten mehr. Nun muss man wissen, dass jeder Flug Reserven an Sprit dabei haben muss. Die müssen ausreichen für einen Flug zu einem Ausweichflughafen und noch 30 Minuten Zeit für Warteschleifen. Es darf also keinen Zwang gegeben haben, innerhalb weniger Minuten zu landen. Selbst wenn ein Motor ausgefallen ist, ist das Flugzeug voll flug- und manövrierfähig. Man kann sich folglich in Ruhe mit dem Problem am Fahrwerk auseinander setzen. Kriegt man es auch dann nicht raus, dann, erst dann, bereitet man sich auf eine Landung ohne Fahrwerk vor.

Wer muss für Entschädigungen aufkommen?

Das sollte dann so aussehen: Die Landeklappen werden so weit wie möglich ausgefahren, um die Aufsetzgeschwindigkeit so gering wie möglich zu halten. Der Aufsetzpunkt selbst sollte möglichst am Anfang der Bahn sein. Das heißt, das Aufsetzen erfolgt mit hochgezogener Nase und minimaler Geschwindigkeit kurz vor dem Strömungsabriss. Salopp gesagt, lässt man den havarierten Vogel auf die Bahn klatschen. Beides traf auf diesen Flug nicht zu. Warum war das so? Nun, die Recorder könnten da aufklärend sein, aber die funktionierten angeblich nicht. Bei einem solchen Unfall geht es auch immer um Haftungs- und Versicherungsfragen. Auch deswegen muss die Unfallursache ermittelt werden. Ist der Hersteller schuld, der Operator oder gar der Flughafen? Wer muss Entschädigung leisten und wieviel? Hat die Crew unprofessionell gehandelt oder fahrlässig, gar grob fahrlässig, steht der Operator in der Pflicht und es gibt kaum Grenzen für die Höhe der Entschädigungen.

Werfen wir nun einen Blick auf die Notfallverfahren für die B737. Bei Ausfall eines Motors ist das Gerät voll flugfähig, aber zur Landung darf nur mit verringerter Klappenstellung verfahren werden, weil die Leistung nur eines Motors bei vollen Klappen nicht für ein Durchstartmanöver ausreicht. Was aber nicht trainiert wird in dieser Konstellation ist die Notlandung ohne Fahrwerk. Passiert das, ist die Professionalität der Crew gefragt. Das Verfahren mit reduzierter Klappenstellung ist dann nicht mehr anzuraten. Schließlich ist das Fahrwerk drin und kann so seine erhebliche Wirkung als Luftbremse nicht entfalten. Das heißt, dass das Urproblem für Jets zum Tragen kommt. Nämlich, dass man die überschüssige Geschwindigkeit nicht abbauen kann. Das Ding segelt und segelt und segelt. Genau das sieht man auf den Unfallvideos in diesem Fall, bevor es dann zu spät und mit zu hoher Geschwindigkeit auf den Boden gedrückt wird. Ein erneutes Durchstartmanöver wäre möglich gewesen.

Piloten mit großer Erfahrung?

Bei fast allen Unfällen mit Flugzeugen wird darauf hingewiesen, dass die Piloten erfahrene Piloten gewesen seien. Das kann nur einem Laien verkauft werden. Die rasante Entwicklung der Luftfahrt während der letzten Jahrzehnte hat einen Mangel an erfahrenen Kapitänen zur Folge. Während der Zeit langsamer Entwicklung gab es kaum Kapitäne der Luftlinien, die nicht vorher tausende Stunden Erfahrung als Copiloten angesammelt hatten. Ich selbst habe 8.000 Stunden von erfahrenen Kapitänen lernen dürfen, bevor ich das Kapitänspatent erwerben konnte. So, wie die meisten Kapitäne der Lufthansa. Wenn also einem Kapitän mit 5.000 Stunden oder weniger große Erfahrung angedichtet wird, dann geht das an der Realität vorbei. Ich will hier nicht sagen, dass ein Kapitän mit weniger Flugstunden keine hervorragende Leistung liefern kann, aber Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen außer Erfahrung.

Gerade junge Billigairlines haben das Problem, erfahrene Cockpitbesatzungen einzukaufen. Die südkoreanische Jeju zählt dazu. Ein weiteres Problem für diese Airlines stellt die unterschiedliche Herkunft und Ausbildung ihrer Crews dar. Da kann es Sprachprobleme geben und unterschiedliche Grundausbildungen, die gerade in Notsituationen zum Tragen kommen können. Es gilt die Regel: Je größer der Stress, desto tiefer fällt man auf das Verfahren zurück, das als erstes gelernt wurde. Auch deswegen sind Piloten von Kampfflugzeugen nicht unbedingt für den zivilen Linienbetrieb geeignet. Meine Einschätzung zum Unfall in Korea ist deswegen, dass die Crew nicht professionell genug gehandelt hat. Der zweite Landeversuch war überhastet, die Situation war nicht ausreichend analysiert und zu wenig vorbereitet.

Die Fahrt zum Flughafen ist gefährlicher als der Flug

Zum Abschluss ist festzustellen: Ganz allgemein ist die zivile Luftfahrt immer sicherer geworden. Die Wahrscheinlichkeit zu verunglücken ist minimal. Solange alles „normal“ verläuft, passiert nichts. Gibt es aber die sehr seltenen Fälle von unvorhersehbaren Notlagen, sind zu wenig erfahrene Piloten schnell überfordert. Aber auch anders herum kann es sein, dass ober-super Trainingskapitäne arrogant werden und handeln, als gelte die Physik für sie nicht. Ich erinnere an den ersten Absturz eines A320 in Mühlhausen. Da saßen die zwei obersten Trainingskapitäne von Airbus im Cockpit. So sollte man immer im Kopf behalten, bei jedem Flug gibt es ein Unfallrisiko und vor allem jeder Pilot sollte das nie vergessen.

Bei dem Unglück in Korea/Muan war ein Vogelschlag der Auslöser. Der weitere Verlauf wird nicht aufgeklärt werden können, weil die Recorder in der entscheidenden Phase versagt haben. Es kann aber auch sein, dass nicht aufgeklärt werden soll, wegen der Haftungsfragen. Die Hinterbliebenen der Opfer wissen so nicht, an wem sie sich schadlos halten können. Es wird ewige Prozesse geben und wann dann Entschädigung geleistet wird, steht in den Sternen, wenn überhaupt. Ganz allgemein kann ich aus eigenem Wissen und Erfahrung sagen, dass selbst nach ordentlichen, eingehenden Untersuchungen die Öffentlichkeit zu oft über die wahren Ursachen belogen wird. Wiederum wegen Haftungsfragen.

Nur ein Beispiel: Am 27. Juni 1980 stürzte der Itavia-Flug 870 ins Tyrrhenische Meer. Erst zehn Jahre später wurde zugegeben, dass es die US-Airforce war, die diese zivile DC9 abgeschossen hatte, weil sie sie mit Gaddafis TU134 verwechselt haben. Sie wollten Gaddafi ermorden. Aber ach ja, so etwas tun die Guten doch nicht! Oder doch? Aber wen interessiert das noch nach zehn Jahren.

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