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Organismen schürfen nach Edelmetallen

Von Hans-Jörg Müllenmeister

In fossilen Goldseifen der Felsstrukturen in Südafrika finden sich pflanzenartige Fadenstrukturen aus reinem Gold. Präkambrische Bakterien und Algenmatten vor mehr als 3,3 Milliarden Jahren waren da die ersten Goldsammler auf Erden; diese Pioniere reicherten die Goldpartikel in einer höheren abbauwürdigen Konzentration an. Das war ideal für die später auftauchende goldlüsterne Spezies Mensch. Irrsinnig, denn diese konzentrierten das Gold weiter in Barrenform und Münzen. Und sie schafften das Gold erneut unter die Erde – hinter meterdicke Tresore. Dagegen erleben viele Industriemetalle wie Silber, Platin (als Katalysator-Metall in Nanogröße ausgeblasen), Antimon (als nicht ruckelnder Bremsbelag) und Quecksilber (als Amalgam zur Goldgewinnung im Amazonas) einen extremen Verdünnungseffekt − bezogen auf die Oberfläche des Globus‘. Nicht nur hier zeigt sich der homo sapiens als gefährlicher Gift-Distributor.

Schleimwesen mit inniger Liebe zu den Metallen

Ehe wir die Crème de la Crème der organischen Edelmetallsucher- und Sammler ansprechen, befassen wir uns für einen Augenblick mit den Organismen die in der Lage sind, Schwermetalle anzureichern. Herausragend sind da die Schleimpilze, die Myxomyzeten (s. Bericht  „Pilz-Kosmopoliten: Untermieter der Menschen“). Sie sind einzellige Sondermodelle der Natur, die in ihren Eigenschaften weder Tier noch Pilz sind. Etwa Tausend verschiedene dieser „Zwischen“-Geschöpfe kennen wir.

Wussten Sie z.B., dass einige dieser Schleimer regelrecht fanatische Metallsammler sind? Besonders eifrig treibt es Fuligo septica. Er reichert sich mit Vorliebe mit Zink an; so an die 4 Gramm pro kg Trockenmasse und in geringeren Mengen auch Eisen und Cadmium. Darüber hinaus sammelt er Barium bis 15 g/kg, Strontium bis 2,2 g/kg und Mangan bis 4,6 g/kg. Dieses mysteriöse Waldwesen heißt im Volksmund auch Gemeine Lohblüte oder Hexenbutter. Eben besagten Delikatess-Schleimer mit gelbem Plasmodium (eine Masse aus vielkernigem Protoplasma) brät oder grillt man in manchen Gegenden Mexikos. Hier heißt er allerdings caca de luna, also Mondkacke. Na, dann guten Appetit. Bemerkenswert ist auch der Blutmilchpilz Lycogala epidendrum, der eine große Affinität zu Zinn zeigt. Man fand bis 30 mg/kg in der Trockenmasse.

Zink-liebende Gamelei-Pflanzen

Apropos Zink: In deutschem Boden konnten sich Zinklagerstätten entwickeln, etwa im Rheinland in Stolberg. Hier findet sich das Mineral Zinkspat, ein Zinkcarbonat. Auf „verzinktem“, sonst aber kargem Galmei-Boden (botanischer Name für Pflanzengesellschaften von Metallophyten auf schwermetallhaltigem Boden), gedeihen Ökotypen von seltenen Pflanzen, die seit der Steinzeit genetisch einen „Heißhunger“ für Zink entwickelten, etwa das Galmei-Veilchen, das Galmei-Täschelkraut und die Frühlingsmiere. Im Grund sind ja allgemein Organismen auf Zink angewiesen. Ein Zinkmangel bei Obstbäumen führt z.B. zu einem Zwergwuchs der Blätter. Übrigens, in der Asche eines verbrannten Galmei-Veilchens finden sich 20% Zn.

Auch in der Asche eines Verblichenen – in einem „verzinkten Körper” – lässt sich Zink mit 25 ppm nachweisen, d.h. ein Mensch hat zwei bis drei Gramm Zink im Körper. Und die gesamte Biomasse „Mensch“ trägt insgesamt unbemerkt 16.000 Tonnen Zink mit sich ständig herum. Damit ließen sich fiktiv 80 Eiffeltürme verzinken (s. Bericht „Verzinkte Körper – und Rohstoffwelt“) Galmei ist der Sammelbegriff für schwefelfreie Zinkerze, die wie erwähnt, in Stolberg bei Aachen vorkommen. Übrigens, 140 km davon entfernt, findet man am Laacher See in der Eifel in Bimsstein- und Ascheschichten eingebettet, den einzigen vorkommenden Edelstein Deutschlands. Besonders schöne Exemplare birgt die Sandgrube „In den Dellen“. Dieser neonblaue prächtige Farbsammlerstein heißt nach dem französischen Mineralogen Hauyn.

Pflanzliche „Metallsammler“ reinigen die Böden

Die Ackerschmalwand Arabidopsis halleri ist eine weitere Metallsammel-Pflanze, die in Deutschland auf stark Schwermetall-belasteten Böden vorkommt. Das Gewächs nimmt Schwermetalle verstärkt in die Wurzeln auf, leitet sie in die oberirdischen Pflanzenteile weiter und speichert außergewöhnlich hohe Schwermetall-Konzentrationen in den Blättern, in denen auch der empfindliche Prozess der Photosynthese stattfindet. Die biologischen Reiniger leisten damit einen wichtigen Beitrag zur preiswerten und umweltfreundlichen Sanierung Schwermetall-verseuchter Böden. Diese Methode wird zur Zeit als Recyclingmethode für Elektroschrott erforscht.

Statt Eisen, Kupfer im Blut

Selbst Kopffüßer haben etwas mit einem für sie lebenswichtigen Buntmetall zu tun. Was da durch die Adern der Kraken pulsiert − der „Saft des Lebens“ − ist nicht rot, sondern bläulich-grün. Der Grund für dieses außergewöhnliche Phänomen, das übrigens auch Hummer zeigen, ist das Element Kupfer als Zentralatom der Erythrozyten. In ihrem Blut wird der Sauerstofftransport nicht von Eisenmolekülen wie bei uns Menschen, sondern von einem Kupferprotein, dem Hämocyanin (griech. häm für Blut, cyanos für himmelblau) übernommen; Kupfer färbt sich bläulich-grün, wenn es oxidiert (s. Buch „Erlebtes Universum“).

Kostbarer Atem eines Vulkans

Legen wir die Definition „Organismus“ etwas großzügiger aus, dann gehört ein atmender Vulkan als nichtbiologischer Organismus dazu. Kürzlich analysierten russische Vulkanologen den “Atem“ des Vulkans Kudriavyi auf Iturup, eine der Kurilen-Inseln nördlich von Japan. Als Sublimat fanden sie das erste und einzige Rhenium-Mineral Rheniit ReSe2 auf der Welt (s. Bericht „Vulkan speit Edelmetall Rhenium“). Es scheint, dass in diesem Punkte einige Mineralienbücher auf den neuesten Stand gebracht werden müssen, denn bisher kannte man kein eigenständiges Rhenium-Mineral. Die Fumarolen, die Öffnungen des Vulkans Kudriavyi, befördern mit dem Gas-Dampf-Gemisch Elemente aus dem Erdinnern an die Oberfläche, darunter also das hochseltene Edelmetall Rhenium.

Wie immens wichtig diese Entdeckung ist, zeigt sich daran, dass die russische Regierung ein amerikanisches Forscherteam unsanft vom Vulkan evakuierte. Vielleicht wollten sie den Vulkan doch nur abhorchen. Von russischer Seite hieß es, dass der „Edelmetallkrater“ jährlich über 10 Tonnen Rhenium ausstößt. Das wäre mehr als die bisherige Weltjahresförderung von etwa 6 t. Während man weltweit 2.500 Tonnen Gold fördert, bringt es Rhenium auf gerade mal einige Tonnen, sagen wir, geschätzte sechs Tonne (Faktor 1: 417, bezogen auf Gold). Das entspricht einem Rhenium-Würfel mit einer Kantenlänge von 68 cm (Gold 3,64 m). Gemäß dieser Produktionsmenge müsste Rhenium 417mal teurer sein als Gold.

Eine Methan-Mikrobe hat Cer zum Fressen gern

Wer hätte gedacht, dass es eine Lebensform gibt, die ein Seltenerd-metall für ihr Überleben benötigt (s. Bericht „Seltenerdmetalle: nützliche „Kobolde“ der Zukunftstechnologien“). Denn die Methan-fressende Mikrobe Methylacidiphilum fumariolicum in einem heißen, sauren Vulkan-Tümpel kann nur wachsen, wenn sie ständig ausreichend Cer bekommt, und zwar zum Aufbau eines entscheidenden Moleküls für den Methan-Stoffwechsel. Übrigens steht Cer im Periodensystem in der Gruppe der Lanthanoide und zählt damit auch zu den Metallen der Seltenen Erden. Diese nutzt man in vielen elektronischen Produkten. Absolut neu ist, dass Cer auch von Organismen aufgenommen wird. Bloß in Wasser als Nährlösung eingelegt, geht diese spezielle Mikrobe zugrunde. Erst mit dem Lebenselixier Cer überlebt die Mikrobe, und zwar mit dem entscheidenden Enzym Methanol-Dehydrogenase. Diese ist für einen wichtigen Schritt bei der Methan-Oxidation verantwortlich, also auch für das Wachstum der Mikrobe.

Ein Hauch von Germanium nutzt unserer Gesundheit

Als Spurenelement vermag organisches Germanium den Sauerstoff an sich zu binden und diesen bis in die feinsten Kapillaren zu transportieren. Aber wo findet sich das Halbleiterelement Germanium in organischer Form? In manchen Heilpflanzen konzentriert es sich, so etwa in Ginseng, Knoblauch und in den Aloepflanzen. Ohne diese feinen Gaben aus Germanium würden die Heilpflanzen von Viren befallen und verfaulen (s. Bericht „Biologisches Germanium: Elixier der Biochemie“).

Aloe fördert die Sauerstoffaufnahme im Blut und damit die Zellatmung. Die Blutzähflüssigkeit wird vermindert und die Durchblutung verbessert. Germanium spielt auch im Immunsystem eine maßgebende Rolle − es stimuliert die körpereigene Produktion von Interferon − das sind Eiweißkörper zur Abwehr von Krebs – sowie die Wirkung der Makrophagen und Lymphozyten. Organisches Germanium hilft Schwermetalle und Gifte aus dem Körper zu leiten.

Eigentlich ist der Mensch ein Sammelbecken elektrisch geladener Partikel. Elektrisch-dynamische Prozesse können Fehlsteuerungen korrigieren; so leitet Germanium die elektrisch gespeicherte Stressinformation aus dem Körper. Es hilft beim Aufbau einer inneren energetischen Balance, ebenso auch beim Aufbau des Immunsystems. Durch seine Halbleitereigenschaft kann Germanium Elektronen aufnehmen und abgeben. Ein gestörtes elektrisches Potential kann sich wieder normalisieren und die verborgene Bildung einer Tochtergeschwulst verhindern.

Bei kranken Menschen ist vielfach der Fluss der Körperenergie geschwächt oder blockiert. Germanium kann die Blockaden auflösen, die Energie wieder in Balance bringen und so einen Heilungsprozess in Gang setzen. Ist unser „Lebenssaft Blut“ reich an Elektronen, bedeutet dies ein hohes Maß an chemischem Reaktionsvermögen. Das Blut ist dadurch fähig, den pH-Wert konstant zu halten − der pH-Wert ist ein Maß für die Stärke seiner sauren oder basischen Wirkung.

Ur-Sehnsucht Gold in alten Mythen

In der Vorstellung alter Völker grenzten die Fähigkeiten der Ameisen ans Fabelhafte. Darüber berichtete Herodot. Es gibt sogar ein indisches Märchen von goldgrabenden Riesenameisen, das sich vielfältig in der griechischen Literatur spiegelt. Danach bewohnte ein gigantisches Ameisenheer den Berg Hymettos bei Athen. Diese Rieseninsekten hüteten dort Massen von Goldkörnern; sie verteidigten den Goldhort gegen die Angriffe der Athener − eine der ältesten Hort-Sagen.

Mini-Alchemisten: gewisse Bakterien erzeugen pures Gold

Was in der Tat keinem Insekt gelang, bringt das Bakterium Delftia acidovoran zuwege. Das Bakterium kann Goldklumpen wachsen lassen. Dank dieser „Begabung“ ist der Einzeller in der Lage, in einer lebensfeindlichen Umgebung zu siedeln. Wissenschaftler kamen dem Überlebenstrick des Bakteriums hinter die Schliche. Sie gingen der Frage nach, warum sich die Einzeller gern als Biofilm auf Goldnuggets ablagern, obwohl Gold-Ionen für Mikroben eine höchst giftige Kost sind.

Diese Gold-Bakterien arbeiten mit einem Überlebenstrick: sie sondern ein Molekül ab, das potenziell tödliche Gold-Ionen zusammenballt: ein biologischer Goldanbau. Es bilden sich winzige Goldklümpchen, die im Gegensatz zu gelöstem Gold für die Bakterien unschädlich sind. Die Einzeller erschließen sich damit einen Lebensraum, der für ihre Konkurrenten tödlich ist. Delftia acidovoran ist allerdings nicht der einzige Mikroben-„Goldi“. Das Bakterium Cupriavidus metallidurans verwandelt aus Selbstschutz durch einen anderen körpereigenen Mechanismus Gold-Ionen in solides Gold. Australische Forscher schätzen, dass diese beiden Bakterienarten gemeinsam dafür verantwortlich sind, dass Gold aus dem felsigen Untergrund gelöst wird und als Goldkörner in andere Erdschichten gelangt.

Diese Mikroben-Goldpartikel werden schichtweise über sehr viele Jahre hinweg Schicht um Schicht auf Goldkörnchen abgelagert – mit der Zeit entsteht daraus ein großer Goldklumpen. Das Bakterium Cupriavidus metallidurans ist nicht nur ein Goldproduzent, es kann auch als eine Art Biosensor wirken, wenn es um das Aufspüren von Gold geht.

Gold“-Eukalyptus zeigt Goldvorkommen an

Australische Forscher fanden in Eukalyptusbäumen winzige Goldpartikel − und so möglicherweise eine neue Suchmethode um verborgene Rohstoffe aufzuspüren. Die Forscher stellten fest, dass Gold eben in dieser Gegend 35 Meter unter der Erde unter dicken, bis zu 60 Millionen Jahre alten Sedimentpaketen lagert. Von dort saugen es die Eukalyptusbäume mit ihren weit in die Tiefe reichenden Wurzeln offenbar zusammen mit dem Wasser auf und lagern die Goldpartikel im Innern der Blätter ab. Einen neuen Goldrausch wie 1897 am Klondike-River können die Goldblätter aber kaum auslösen: Die in den Bäumen gefundenen Au-Partikel sind nur ein Fünftel so breit wie menschliches Haar. Wissenschaftlich ist aber diese Explorationshilfe nützlich, denn Gold-dotierte Eukalyptusbäume können so ein Hinweis sein auf Goldvorkommen unter der Erde.

Ein Schlaraffenland für Thiobacillus ferrooxidans

Ja, es gibt so genannte chemolithoautotrophe Bakterien: Für sie ist eine chemisch-ökologische Hölle ein kulinarisches Paradies: ein Giftcocktail aus Säuren, Schwefel und gelösten Metallen. Diese Mikroorganismen fühlen sich etwa in Halden von Bergbauschutt so richtig wohl. Hier verwittert das erzhaltige Gestein und bildet hochtoxische, saure Grubenwässer mit einem hohen Gehalt an Metallen. Anorganische lebensfeindliche Schwefelverbindungen in Gesteinen sind ihre Nahrung. Das Bakterium Thiobacillus ferrooxidans saniert so alte Bergbau-Abraumhalden. Diese Organismen setzen die Metalle aus restlichem Erz frei und machen so auf biologische Weise Kupfer, Gold und andere Metalle verfügbar. Den Vorgang nennt man Bioleaching, also die mikrobielle Erzlaugung.

Mikroorganismen als Recycling-Fachkräfte

In Zukunft sollen verstärkt Bakterien, Pilze oder Algen dabei helfen, seltene Metalle aus Hightech-Abfällen wiederzugewinnen. Denken Sie an Autokatalysatoren. Während jeder Fahrt lösen sich feine Teilchen ab, die Platin, Palladium und Rhodium enthalten. Reinigungsfahrzeuge sammeln zwar den Straßenstaub ein, aber er landet auf Mülldeponien: Ein einfaches, aber dummes Entsorgen der Edelmetalle. Um aber die Edelmetall-Kostbarkeiten aus dem Staub herauszuholen, wollen die Forscher jetzt Escherichia-coli-Bakterien einsetzen, die ohnehin im Dienst industrieller Zwecke stehen.

Einzeller zeigen uns, wie effizient und elegant biochemische Mechanismen ablaufen können. Das „Wie“ hat sich bei uns „Billionen-Zellern“ noch nicht herumgesprochen. Unsere industriellen Recycling-Prozesse sind dagegen sehr Energie-aufwändig. Vielleicht gelingt es, die Fähigkeiten der natürlichen Recycling-Spezialisten voll zu nutzen. Unsere Welt wäre um vieles lebenswerter.

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