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Mit Zahlen belegt: Wasserstoffwirtschaft wird es nicht geben - Teil 3

Wie einem Esel die Karotte wird uns die Wasserstoffwirtschaft vor die Nase gehalten. Damit wollen uns die Grünen ihre katastrophale Energiepolitik schmackhaft machen. Anhand verständlicher Zahlen wird schnell klar: Nicht einmal zehn Prozent der benötigten Energie kann so innerhalb von 30 Jahren auf Wasserstoff umgestellt werden. 

Von Sigrid Petersen

Man sollte es nur einmal vernommen haben, damit man ein Argument hat. (Teil 3 von 3) 

In den Teilen 1 und 2 habe ich zwei Beispiele angeführt, die aufzeigen, dass so hochgelobte Elektrolyseprojekte zur Wasserstoffherstellung in Deutschland winzige Umsetzungsschritte des Gesamtvorhabens darstellen. Insgesamt sind zur Zeit 80 MW Elektrolysekapazität installiert. Bis 2030 sollen in Deutschland 10 GW installiert sein. Das ist der Faktor 125. Bis 2050 sollen zwischen 40 bis 70 GW dazukommen.

Hier 10 MW, dort 10 MW oder auch mal 320 MW. Berichte über bereits in Betrieb genommene Elektrolyseanlagen verheißen nichts Gutes. Wunsiedel, Bayerns größte Elektrolyseanlage, im September 2022 in Betrieb genommen, stand bis Mitte 2023 still, weil der Strompreis den Betrieb nicht hätte rentabel gestalten können. Wunsiedel war wohl nicht allein betroffen. Im September 2022 wurde für Wunsiedel noch von 1.350 t Wasserstoff/a gesprochen, die diese Anlage produzieren würde. Im Sommer 2023 vor Wiederinbetriebnahme spricht man von signifikanten Mengen und im Oktober dann von 960 t/a , die dort bereits produziert würden. Nur mit Wind und Sonne! Auch diese Angabe ziehe ich einmal in Zweifel, denn mit Neuanlagen Wind-onshore sind max. 2.500 Volllaststunden zu erreichen und die höchste Jahressumme Globalstrahlung erreicht Südostbayern mit 1.200 kWh/m². Gehen wir davon aus, dass Wind und Sonne nie gleichzeitig Strom einspeisen, erreichen wir 3.700 Vollaststunden. Also läge der maximale Jahresertrag für Wasserstoff mit 682 t ca. 30% unterhalb der angegebenen Menge. Andere „Pilotprojekte“ haben schon wegen fehlender Wirtschaftlichkeit aufgegeben, siehe „Heide“.  

Nun gut, widmen wir uns dem großen Projekt. Was mit einer 10 GW installierten Elektrolyseleistung in Deutschland umzusetzen wäre, habe ich in Teil 2 dargestellt. Beispielsweise 13% des Gasverbrauchs der Industrie. Oder, wie ich in Teil 1 dargestellt habe, müsste allein die Stahlindustrie 2050 mind. 20 GW Elektrolyseleistung installieren, wenn die Produktionskette im Land verbleiben soll.

Zum Wasserstoffbedarf Deutschlands für 2030 und 2050 gibt es ganz unterschiedliche Berechnungsergebnisse in den vielen vorliegenden Studien. Hierzu hefte ich einmal nur so etwas wie eine zusammenfassende Beurteilung an, die über den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages veröffentlicht ist. Für 2030 werden Wasserstoffbedarfe zwischen 14 bis 123 TWh angegeben und für 2050 liegen die Prognosen zwischen 400 bis 800 TWh im Jahr. (Anm. der Red.: eine TWh = 1.000 GWh) Nun ist die Frage, warum man denn nicht Studien in Auftrag gibt, die alle die gleiche Zielsetzung zur Grundlage nehmen. Diese riesigen Bandbreiten entstehen, weil die vorliegenden Studien von unterschiedlichen Zielannahmen ausgehen – beispielsweise Wasserstoffbedarf inklusive Folgeprodukte oder exklusive. Solche Studien werden bestimmt allesamt gut bezahlt.  

Abgesehen von den Differenzen in den ermittelten Ergebnissen der zahlreichen Studien, wird in solchen Studien,  Strategiepapieren oder Roadmaps an keiner Stelle deutlich gemacht, was eine Umsetzung dieser „Strategien“ für das Auge wahrnehmbar bedeutet, also die notwendige Anzahl von Windkraftanlagen und Flächen für PV-Anlagen. Dass der Wasserstoffbedarf hauptsächlich über Importe eingebracht werden soll, ist bekannt. Und geht man davon aus, dass mit 50-80 GW installierter Elektrolyseleistung das Ende der Machbarkeit in 2050 in Deutschland erreicht ist, steht man vor dem nächsten Problem. Dem Transport! Schottland hat jetzt einen Tanker vorgestellt, der 37.500 m³ flüssigen Wasserstoff transportieren können soll. Das wäre schon eine Verdreißigfachung des bisher möglichen Transportvolumens über See. Ob auch hochseetauglich? 

37.500 m³  sind immer noch ziemlich wenig und würden für den Wasserstoffbedarf Deutschlands mit 600 TWh (Mittelwert 400 TWh-800 TWh)  in 2050 bedeuten, dass allein Deutschland 11 H2-Terminals bräuchte, wenn 3 x täglich an jedem entladen werden könnte. Nicht zu vergessen, allein für Deutschland müssten 777 dieser Tanker rund um die Uhr fahren. LNG wird in Tankern zwischen 138 Mio und 265 Mio Kubikmetern transportiert. 

Um aus dem Ausland diese Menge Wasserstoff anliefern lassen zu können, benötigt es dort: 

466 GW EE-Leistung mit 58% PV, 35% Wind-onshore und 7% Wind-offshore. Und Elektrolysekapazitäten in Höhe von ca. 230 GW. 

Übersetzt heißt das: 2.000 offshore-Anlagen + 46.000 onshore-Anlagen + 1.200 km² (oder 168.000 Fußballfelder oder ca. das Vierfache der Fläche des deutschen Autobahnnetzes) PV-Anlagen im sonnigen und windigen Ausland. Damit in Deutschland 600 TWh beim Endabnehmer ankommen, muss dort ca. 55% mehr  verladen werden, denn der Eigenverbrauch der Tanker sowie Speicher- und  weitere Transportverluste müssen einbezogen werden. 

600 TWh in Wasserstoff gespeichert würden ausreichen um die Stahlproduktion zu 100%, den Güterverkehr zu 37% und den Gasverbrauch zu 33% in Deutschland zu decken. 

Okay, das sind Anlagen im Ausland. Die sehen wir ja nicht (Ironie!).

Abgesehen vom afrikanischen oder amerikanischen Kontinent, soll Deutschland über die günstigere Variante „Pipeline“ bevorzugt Wasserstoff aus dem benachbarten EU-Ausland beziehen. Nehmen wir da einmal Spanien als Beispiel. Vorbemerkung: alle EU-Länder streben weitgehende CO2-Neutralität an. Spanien müsste seine derzeitigen Wind- und Solarkraftwerke vervierfachen, um mit 71 GW Elektrolyseleistung 60% des Eigenbedarfs an Erdgas zu ersetzen. Für den Mehrbedarf an Strom für beispielsweise Verkehr oder auch Brennstoffzellenverkehr fällt ein weiterer Bedarf an Wind- und Sonnenkraftwerken an. Sollte man davon ausgehen, dass Spanien seinen Energiepark W+S schon mal für Deutschland erweitert, was eine Verdoppelung bedeuten würde, um ca. 60% des jetzigen eigenen Strombedarfs mit W+S decken zu können? (Wir sind also schon bei einer Versechsfachung der Wind- und Sonne-Kapazitäten, damit Spanien 60% seines heutigen Strom- und Gasbedarfs decken könnte.) 

Stromsektor

Um den Stromsektor mit E-Mobilität und Wärmepumpen etc. aufzufüllen werden in Deutschland 750 TWh angedacht. Bis 2030 soll dieser Teil der Energie zu 80% vornehmlich über Wind und Solar gedeckt sein und bis 2035 vollständig. 

Das bedeutet für 2035: zusätzliche EE-Installationen im Vergleich zu 2023 mit ca. 151 GW auf 472 GW. 
Dafür würden benötigt: 1.175 zusätzliche Wind-offshore-Anlagen, 24.000 zusätzliche Wind-onshore-Anlagen und 1.760 km² (247.000 Fußballfelder oder deutsches Autobahnnetz * 6,4) zusätzliche PV-Fläche. 

Diese Anlagen können wir wohl nicht im Ausland unterbringen. Zusätzlich muss Grundlast vorgehalten werden. 

Diese Grundlast, also lieferbarer Strom in garantierter Menge jederzeit, kann die Volatilität von Sonne und Wind ausgleichen. Bisher werden dafür fossile Kraftwerke genutzt, aber die wird/soll es dann nicht mehr geben. Andere Erneuerbare wie Biogas oder Wasserkraft sind kaum bzw. nicht erweiterbar. Also müsste die Unterdeckung mit Wasserstoff ausgeglichen werden. Nun werden in wind- und sonnenreichen Wochen Stromüberschüsse in Wasserstoff gespeichert werden können. Diese in Wasserstoff gespeicherte Energie kann in wind- und sonnenarmen Wochen den fehlenden Strom liefern. Das stimmt! Nur um welche Dimensionen handelt es sich? 

In der folgenden Tabelle sind die Jahre 2022 KW 18 bis 2024 KW 8 untersucht. Die wöchentlichen Volllaststunden von offshore- und onshore-Wind sowie PV sind den Energy-Charts entnommen. Der Berechnung zu Grunde gelegt: 750 TWh Gesamtstromproduktion 2035, die 2023 gelieferte Strommenge von 200 TWh ist abgerechnet. Für EE zur Produktion der 550 TWh wurden 9,5 MW Anlagen offshore, 4,5 MW-Anlagen onshore und Neuinstallationen PV herangezogen, in Anzahl und Fläche wie oben beschrieben. 

Fiktiv: Ab KW 18  bis KW 37 2022 ist ein Plus von 1,67 Mio Tonnen H2 eingespeichert worden. In der KW 15 2023 ist nach weiteren 30 Wochen ein Defizit von 336 Tsd Tonnen H2 erreicht. Diese 336 Tsd Tonnen hätten zusätzlich gespeichert sein müssen. Bis zur KW 38 2023 waren die Speicher wieder mit 1,6 Mio Tonnen H2 gefüllt. In der KW 8 2024 war noch ein Rest von 140 Tsd Tonnen gespeichert. Setzt man die Stromproduktion für die  21 weiteren Wochen nach KW 8 mit denen aus 2023 gleich, schließt die 29. KW mit einer Unterdeckung von 14 Tsd Tonnen ab. (Der Mehrbedarf für die Rückverstromung von H2 ist mit einberechnet)

Diese Berechnung umfasst insgesamt nur 101 Wochen, also sind keine validen Aussagen über eine sicherheitsrelevante Auslegung der zu speichernden Mengen Wasserstoff zu machen. 2 Millionen Tonnen müssten es wohl schon sein. Für ein worst-case Szenario müssten größere Untersuchungszeiträume vorliegen, außerdem wäre sicherheitshalber noch die Möglichkeit einer Dunkelflaute von 14 Tagen einzukalkulieren. Um es mit einer schon bekannten Größe zu beschreiben: 2 Millionen t Wasserstoff könnten in 753 Tankbehältern mit 37.500 m³ gefasst werden. Um allerdings 2 Mio Tonnen Wasserstoff für die Rückverstromung mit Überschussenergie aus Wind und Sonne herstellen zu können, müssten wohl doch noch zusätzliche 22 GW Elektrolyseurleistung installiert werden. 

Die 2023 vorhandene installierte Leistung muss bis 2035 insgesamt mit dem Faktor 3,1 multipliziert werden, wenn die 58% / 35% / 7% (PV / onshore / offshore, s.o.) Verteilung auch in Deutschland ausgeführt wird und 750 TWh Strom mit Wind und Sonne hergestellt werden sollen. 

Nun, Ziel der Energiewende ist u.a. auch eine deutliche(!) Absenkung des Endenergieverbrauchs, von 40% ist im Fall des Verkehrs die Rede. Die Industriebedarfe und Bedarfe des herstellenden Gewerbes reduzieren sich, wie wir derzeit sehen, schon von selbst. Mit 1.616 TWh (Strom 750 TWh und H2 mit 600 TWh + 266 TWh derzeit aus anderen Erneuerbaren und Fernwärme) lägen wir bei einer 35% Minderung des Endenergiebedarfs dann in 2050 gegenüber 2019. So wird vielleicht ein Schuh draus. 

Des Weiteren wird viel von noch zu bewerkstelligenden Problemlösungen für Transport und Lagerung/Speicherung des Wasserstoffs geschrieben. Man erwartet, dass diese Lösungen, denn auch der 37.500 m³-Tanker ist noch keine Lösung,  wohl gefunden und umgesetzt sind, sobald die Nachfrage nach Wasserstoff aufgebaut ist. Im Laufe jeder technischen Entwicklung war es geschichtlich so, dass ein Produkt marktreif war, also marktwirtschaftlich auch verfügbar gemacht werden konnte, bevor es auf dem Markt angeworben wurde. Hier sind jetzt ganz neue Zeiten angebrochen. Die Nachfrage soll hochgefahren werden, um dann das Produkt zur Marktreife entwickeln zu lassen („ …, muss auch die Nachfrage nach grünem Wasserstoff gefördert und erhöht werden …“).

Marktreif ist ein Produkt erst dann, wenn es sowohl herstellbar als auch lieferbar, transportier- und lagerbar ist. Dieses ist für Wasserstoff bei Weitem nicht der Fall. Weder gibt es Schiffe, die H2 in ausreichender Menge transportieren könnten, noch sind die Pipeline-Netze in ausreichendem Umfang vorhanden, noch gibt es H2-Speicher ausreichender Größe, noch gibt es ein Tankstellen-Netz und die ersten Brennstoffzellen-LKW stecken noch in der Erprobungsphase wie eigentlich auch die verschiedenen Verfahren der Elektrolyse, denn diese ist immer noch zu teuer. Die gesamtgesellschaftlichen Kosten bleiben hier unbetrachtet, sind allerdings immens. Hier möchte ich nur erwähnen, dass die Stahlindustrie pro kWh einen Preis von ca. 4-4,5 Cent zahlen müsste, um kostentechnisch auf dem heutigen Niveau verbleiben zu können.

Ich möchte an dieser Stelle nochmals auf die Stellungnahme Dr. Waniczeks zum Gesetzentwurf „Drittes Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes“ hinweisen: 
https://www.bundestag.de/resource/blob/989898/1750474faae5d153604cd4ac9cc0000b/20-25-562_Stellungnahme_SV_Dr-Waniczek.pdf 

Um eine Übersicht zu geben, soll die folgende Tabelle die im Text erwähnten Ergebnisse der Berechnungen  zusammenfassen:

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