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Supraleitung: Die Zukunft des Ökostroms

Von Hans-Jörg Müllenmeister 

Licht am Horizont des erneuerbaren Energie-Geschwafels 
Geht es Ihnen auch so: Man hat es leid, die ewig gleichen Phrasen mit all den immergrünen Reden der Polit-Fuzzis zur Energiewende zu hören. Wie so oft, in der Not erwacht Deutschlands Pionier- und Erfindergeist aus seinem dogmatisch verordneten Schlummer. Hier legen wir relevante Fakten offen und ehrlich auf den Seziertisch der Energiebilanz.

Es geht um einen zukunftsorientierten, widerstandsfreien Energietransport — direkt von der Quelle zum Verbraucher. Wir sprechen nicht von einer Utopie, sondern von Supraleitung, einer bahnbrechenden Technologie, die Übertragungsverluste vermeidet, indem sie den Leitungswiderstand auf Null reduziert. Eine echte Kostensenkung ist in Sicht. Folgen Sie uns auf dem Weg in eine effiziente Zukunft, in der Energie ihren Bestimmungsort erreicht — effektiv, direkt und ohne Leitungsverluste. 

Vorweg gesagt: etwas zum Hauptproblem der Energie-Übertragung   

Kabel auf Supraleiterbasis können Strom verlustfrei transportieren. Noch steckt die angewandte Supraleitung in den Kinderschuhen, ist aber jetzt schon anwendbar. Die Quanten-Physik dahinter ist hochkomplex. Die Crux ist, man fand bis jetzt noch keinen idealen Stoff, der bei normaler Umgebungstemperatur dem elektrischen Strom keinen Widerstand entgegensetzt, und damit die Leitungsverluste vermeidet (Widerstand R = 0). In der Physikstunde gab es dazu den flapsigen Merkspruch: „Nach dem Gesetz von Joule, erwärmt der Strom die Spule“. Genau das — eine verlusthafte Wärmeabgabe (R größer Null) an die Umgebung — ist bei Hochspannungsleitungen unerwünscht. Sie sollen ja nicht die Kriterien eines Heizofens erfüllen. Ganz abgesehen vom sogenannten Korona-Effekt (Feldstärke-Überhöhung), der auch sein Scherflein zum Energieverlust auf Überlandleitungen beiträgt.

Irrungen und Wirrungen um die Supraleitfähigkeit von Metallen 

Seit Jahrzehnten laboriert die Forschung intensiv an Stoffen, die eben nicht bis in die Nähe des absoluten Nullpunks bei -273,15°C oder 0 Kelvin gekühlt werden müssen, denn das kostet zusätzliche Energie. Das „verlustlose“ Endziel wäre ein Widerstand von R = 0 Ohm. Gewiss es gibt inzwischen einige Kandidaten, die das mögliche Ziel schon bei z.B. -150°C erreichen, aber eben noch nicht bei normaler Umgebungstemperatur. Der Haken dabei: Man muss zusätzliche Energie zur Kühlung bereitstellen, und diese verursacht Kosten. In der Größenordnung von z.B. -150°C bewegen wir uns zur Zeit auf dem Gebiet der sogenannten Hochtemperatur-Supraleiter. 

Es ist tatsächlich so, dass nicht Metalle, sondern bestimmte keramikähnliche Materialien das Potenzial zur Hochtemperatur-Supraleitung haben. Oftmals werden in Berichten voreilige Schlussfolgerungen gezogen. Es wäre ein Irrtum, Edelmetalle allein aufgrund ihres hohen Schmelzpunktes zu den Hochtemperatur-Supraleitern zu zählen. Hoch, gegenüber dem absoluten Nullpunkt ist hier aber gemeint; ideal wäre die Umgebungstemperatur, nicht ihr Schmelzpunkt.  Das Edelmetall Osmium hat beispielsweise einen Schmelzpunkt von 3120°C, doch gehört es keineswegs zu den Hochtemperatur-Supraleitern. Bei einer Recherche im Internet stieß ich auf die Behauptung, Osmium sei ein Hochtemperatur-Supraleiter – eine Aussage, die durch einen Artikel suggeriert wird. Es ist kritisch zu hinterfragen, ob hinter solchen Behauptungen finanzielle Interessen stehen, da Osmium als Investitionsgut dadurch an Attraktivität gewinnen könnte. Die Sprungtemperatur von Osmium, dem seltensten aller Edelmetalle, liegt bei 0,66 Kelvin, entsprechend −272,49 °C. Das macht es definitiv nicht zu einem Kandidaten für Hochtemperatur-Supraleitung. 

Ein weiterer verbreiteter Irrglaube ist, dass Silber als bester aller Metallleiter aufgrund seines geringen elektrischen Widerstands zwangsläufig auch ein Hochtemperatur-Supraleiter sei. Weit gefehlt. Interessanterweise könnten jedoch Verbindungen aus Silber und Fluor eine vielversprechende Basis für Hochtemperatur-Supraleiter sein. Der aktuelle Rekord für die höchste Sprungtemperatur wird von Verbindungen aus Kupfer, Sauerstoff und anderen Elementen wie Barium oder Yttrium gehalten. 

Harte Kost: Interessantes für Physik-Fans  

Supraleiter haben eine lange Geschichte. 1911 entdeckte der spätere Nobelpreisträger Heike Kamerlingh Onnes erstmals, dass Quecksilber unterhalb von minus 269 Grad Celsius (genau bei der Sprungtemperaturen unter 4,2 Kelvin) den elektrischen Strom völlig verlustfrei leitet. In diesem Zustand fließt der Strom ohne Widerstand. Um Supraleitung zu erreichen, muss das Material aber sehr tief gekühlt sein, etwa durch flüssiges Helium (Siedetemperatur −269 °C). Nur bei Hochtemperatur-Supraleitern genügt flüssiger Stickstoff zur Kühlung. 

Wenn ein Material in den supraleitenden Zustand übergeht, verdrängt es vollständig das von außen angelegte magnetische Feld aus seinem Inneren. Das bedeutet, dass das Material im supraleitenden Zustand keine elektrischen oder magnetischen Felder im Inneren hat. Dieser Effekt wurde 1933 von Walther Meißner und Robert Ochsenfeld entdeckt und ist durch die klassische Physik nach wie vor nicht vollständig geklärt. Dieser Effekt ist ein beindruckendes Phänomen. Er verdeutlicht die einzigartigen Eigenschaften von Supraleitung. 

Wie funktioniert das genauer? Das externe Magnetfeld dringt nur etwa 100 Nanometer (nm) tief in das Material ein. Darunter bleibt das Material feldfrei. Der Effekt tritt unabhängig davon auf, ob das Material bereits vor dem Einschalten des Magnetfeldes supraleitend war oder erst danach supraleitend gemacht wurde. Interessanterweise ist der Effekt reversibel. Das bedeutet, dass er nicht von der „Vorgeschichte“ des Materials abhängt. Supraleiter erster Art (Typ I): Hier bricht die Supraleitung schlagartig zusammen, wenn das Magnetfeld einen kritischen Wert überschreitet.

Supraleiter zweiter Art (Typ II): Diese zeigen zwei kritische Feldstärken. Zwischen diesen beiden Werten dringt das Magnetfeld in Form mikroskopisch feiner Schläuche, sogenannter Flussschläuche, in den Leiter ein. Diese Flussschläuche sind für technische Anwendungen interessant, da sie eine hohe Strombelastbarkeit aushalten. 

Meine ergänzende unmaßgebende Überlegung am Rande 

Man könnte doch eine galvanische Silberbeschichtung bei Supraleitern in Betracht ziehen. Warum? Weil ja der Strom in der Supraleitung an die Oberfläche des Leiters gedrängt wird. So könnte die Silberbeschichtung die Eigenschaften eines Supraleiters durch eine Interaktion verbessern. Quergedanke: Ähnliches habe ich damals in der Höchstfrequenztechnik (Hohlleitertechnik) in meiner praktischen Ausbildung als Feinmechaniker in der TH-Aachen kennen gelernt. Mir sind aber in der Supraleiter-Technologie dazu keine aktuellen Forschungsergebnisse bekannt. Wenn sich das aber verifiziert, dann hat Silber eine goldene Zukunft vor sich.  

Immense Vorteile der Kabel auf Basis der Supraleitung 

Neben dem Hauptvorteil, dem verlustfreien Strom-Transport bei ausreichender niedriger Temperatur, ist die Stromdichte (vergleichbar mit einem höheren Wasserdruck) um ein Vielfaches höher als bei herkömmlichen Cu-Kabeln mit gleichem Querschnitt. Es lässt sich also mehr Energie transportieren. Zudem sind Supraleiter gegenüber herkömmlichen Standardkabeln nach außen hin elektromagnetisch und thermisch vollkommen neutral, demnach gegenüber der Umwelt inert. Das ist ein entscheidender Vorteil!  Auch der benötigte Bauraum für die Trassenbreite wäre wesentlich kleiner. 

Das Zerstören der Landschaft und die Gesundheitsgefährdung durch die elektromagnetischen Felder sprechen gegen den Ausbau von weiteren konventionellen Hochspannungstrassen. Die von Nord nach Süd geplante, große Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) soll z.T. auch mit  Erdkabeln verlegt werden. Das wäre eine optimale Lösung, was Platzbedarf, Landschaftsbild sowie die Belastung durch elektromagnetische Felder betrifft. Allerdings sind die Kosten für Erdkabel mehr als dreimal höher als für Freileitungen. Genauer: Während eine oberirdische Stromtrasse auf einer Breite von gut 100 Metern in die Landschaft robust schneidet, benötigt ein supraleitendes Erdkabel nur ungefähr fünf Meter — und damit nur halb so viel wie die wegen des größeren Materialbedarfs teureren konventionellen Erdkabel. 

Übertragungsverluste — das läppert sich!

Die Energieverluste auf einer Hochspannungs-Überlandleitung hängen von verschiedenen Faktoren ab. Bei einer typischen 380-kV-Freileitung — ausgelegt für maximal 1,1 Giga Watt pro Dreiphasen-System — betragen allein die ohmschen Verluste 11,6 Megawatt auf 100 km Länge. Teilen wir das durch 1000, dann heisst das: alle 100 Meter entsteht ein Verlust von 11,6 Kilowatt. Ganz beachtlich, wenn man bedenkt, dass alle 100 Meter das Äquivalent von etwa elf Haushaltsheizöfen à 1000 Watt diese Wärmemenge abgeben würden. So gesehen, wäre die Supraleitung der Sparfuchs kommender Energietechnik.

Die Energiewende erfordert also neue Konzepte zur Energie-Übertragung. Stromgewinn aus erneuerbaren Energien ist das eine (Wind-Energie auf dem offenen Meer, Solar-Energie in sonnenreichen Gegenden) — weit entfernte Verbrauchszentren, sind das andere. Eine elegante Alternative wären Erdkabel. Noch sind diese sehr teuer, die Kosten können z.Z. noch auf das Zehnfache einer Freileitung steigen. Schon lange tüfteln Forscher deshalb an supraleitenden Stromkabeln. Diese Erweiterung der Stromnetze durch Supraleiter über lange Strecken ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Energiewende. Sie ist platzsparend, effizient und umweltfreundlich.

Wie muss man sich supraleitende Stromtrassen im Betrieb vorstellen?

Supraleiterkabel der neuesten Generation, etwa aus Magnesiumdibromid, müssen auf minus 250 Grad Celsius gekühlt werden. Das gelingt mit Wasserstoff. Die Wärme-Isolation ist dabei oberstes Gebot, um geringe Kühlverluste gegenüber dem Erdreich zu haben. Dadurch lässt sich der Abstand zwischen den notwendigen Kühlstationen größer halten. Es müsste etwa alle 100 bis 300 Kilometer eine Kühlstation stehen. Die Infrastruktur zum Betrieb einer supraleitenden Stromtrasse sähe also ähnlich aus wie bei den Erdgas-Pipelines, bei denen auch alle paar hundert Kilometer Verdichter-Stationen notwendig sind, um dem abfallenden Druck in der Leitung entgegen zu wirken.

Zukunftstechnologie mit Synergieeffekt

Die Steigerung des Wirkungsgrads von Generatoren, z.B. in Windkraftanlagen, ist ein weiterer Schwerpunkt. Dies erfordert die Entwicklung von fortschrittlichen Supraleiter-Werkstoffen und eine neuartige Spulen-Geometrie bei den Generatoren. Einzelne Komponenten bedürfen also einer Neuentwicklung. Synergie-Effekte entstehen zudem durch den Einsatz von flüssigem Wasserstoff LH2 als Kühlmittel und als speicherbarer Energieträger: Auch die Entwicklung einer geeigneten Steuerung des Energie- und Kühlmittelflusses spielt eine nicht unerhebliche Rolle, wenn es um die effiziente Nutzung und Verteilung verfügbarer Energie geht — allein schon wegen der Umstellung des Kühlsystems auf Stickstoff oder Wasserstoff als Kühlmittel. Supraleiter-Technologie minimiert nicht nur die Verluste beim Stromtransport und bei der Energie-Speicherung. Sie ermöglicht es auch, Generatoren und Motoren durch Gewichtsersparnis kompakter zu bauen. 

Seien wir gemäßigt euphorisch. Es gibt noch viel zu tun bei der oktroyierten Energiewende. Hochtemperatur-Supraleiter sind ein erster Baustein — kein Einstein!

So werden Erdkabel verlegt

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