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Was ist eine Wasserstoffwertschöpfungskette oder viel Lärm um nichts

Von Sigrid Petersen 

Raumwärme und Warmwasser 
Anfang dieses Jahres kam die Erfolgsmeldung, dass ein Wasserstoff-Pilotprojekt mit Erfolg abgeschlossen wurde. Es handelte sich bei diesem Projekt um „ein bislang einmaliges Projekt in einem Gasverteilnetz“. Es sei nämlich  gelungen, dem Erdgas erstmals einen Anteil von 20 Vol% Wasserstoff beizumischen, ohne Veränderungen am Gasnetz vorgenommen zu haben. Das habe zu keinen sicherheitstechnischen Auffälligkeiten geführt.[1]

Immerhin hat man je 4(!) Wochen bei 10%, 15% und 20% Beimischung die Netze und Endgeräte beobachten können. Langzeitversuch?. Nein. Hier sei beispielsweise einmal erwähnt, dass für sicherheitsrelevante Technik (elektrische/elektronische, programmierbare elektronische Systeme), z.B. in der Personenbeförderung an Stellen, die Gefährdungen mit Todesfolgen mit sich bringen können, 100.000 Betriebsstunden (z.B. 10 Versuchsanordnungen jeweils 1 Jahr) in der Probephase zur Beobachtung gefordert sind. Innerhalb von 12 Wochen zeigen sich vermutlich keine Versprödungserscheinungen. Wie sieht das nach 3 Jahren aus?

Auch an den Gasgeräten in den Haushalten und den Gewerbebeteiligten ließen sich in der Beobachtungszeit von 3 mal 4 Wochen keine sicherheitstechnischen Auffälligkeiten feststellen. Was für ein Erfolg! Denn man führt diese Versuche durch, um den CO2-Fußabdruck von Gas als Energieträger zu reduzieren. Und wer jetzt auf die Idee käme, mit 20% Wasserstoff wäre auch 20% CO2 eingespart, der irrt! Selbst wenn wir einmal davon ausgehen, er sei mit „grünem“ Strom produziert. 

Energiegehalt

Während der Brennwert bei 1 Nm³ Erdgas zwischen 10 und 13,1 kWh/m³ liegt, liegt der von einem Kubikmeter Wasserstoff jedoch nur bei 3 kWh/m³. Das heißt, man ersetzt 20% des Volumens mit 26% des Energiegehalts (bei 11,5 kWh/m³ bei Erdgas). Wenn man nun einmal eine Rechnung aufmacht und ermitteln möchte, wie hoch die CO2-Einsparung bei einer 20%igen Beimischung von Wasserstoff nun tatsächlich ist, ist das Ergebnis ernüchternd. 

Beispiel Gasverbrauch im Jahr 2020 für Raumwärme und Warmwasser

Nehmen wir das Jahr 2020 und berechnen den Fall, dass 30% des Energieverbrauchs für Raumwärme und Warmwasser in Deutschland mit 20% Wasserstoffbeimischung zum Erdgas möglich wären. 

108 TWh (108,33 Mrd Kilowattstunden) wurden gebraucht und somit 24.304.273 t CO2 emittiert. 

Da der Energieinhalt mit H2-Beimischung pro Nm³ geringer ist als ohne Beimischung, müssen entsprechende Mehrmengen geliefert werden, um den Energiebedarf zu erfüllen. Bei 20% Beimischung muss das gelieferte Volumen um 17% erhöht werden. Erreicht wird der erhöhte Durchsatz vornehmlich durch Druckerhöhung.

Es werden noch 22.816.000 t CO2 emittiert. 

Das Verhältnis des Energiegehalts des Wasserstoffanteils zum Energiegehalt des Erdgasanteils liegt also bei 5,65%, nicht bei 20%.  Die CO2-Emissionen sinken demnach um 6,12% bei gleichem Energieverbrauch. 

Elektrolyseurbedarf

Wen das bisherige Ergebnis schon etwas desillusioniert hat, der sollte jetzt nicht weiter lesen. Bis 2030 soll die Elektrolysekapazität in Deutschland 10 Gigawatt (GW) erreicht haben. Es wird davon ausgegangen, dass in Deutschland nicht mehr als 30 GW Elektrolysekapazität errichtet werden können, da nicht ausreichend Stromproduktion aus Erneuerbaren dafür vorhanden sein wird. Um die 30% der Raumwärme und Warmwasser mit 20 Vol% Wasserstoff-Beimischung zu beliefern, wären allerdings schon 79,5 GW Elektrolysekapazität (Direkteinspeisung vorausgesetzt!) erforderlich. (Spitzenlasten im Winterhalbjahr kWh/h treiben diesen Bedarf extrem in die Höhe). Das heißt übersetzt, nicht einmal 40% des erforderlichen Wasserstoffs für den hier beschriebenen Anwendungsbereich (20% Beimischung für 30% der Raumwärme + WW) würden mit der avisierten maximalen „heimischen“ Elektrolysekapazität produziert werden können. Dafür wären ca. 113 GW installierte Leistung in Wind und Sonne erforderlich. 

Verkehr

Elektrolyse zur Produktion LOHC (liquid organic hydrogen carriers)

LOHC Technologie wird als „leistungsstarkes Glied in der Wasserstoff-Wertschöpfungskette“ beschrieben. Wie bei eigentlich allen Wasserstoffprojekten liegt der Gesamtwirkungsgrad auch hier bei nur ca. 21%. Das heißt, von 100 kWh erzeugtem Strom, stehen am Ende der Kette (am Rad) noch 21 kWh. Am Ende müssen 8,2 Liter LOHC an Stelle von bspw. einem Liter Diesel in Deutschland von A nach B transportiert werden, um am Rad pro Liter Transportmedium noch einen gleichen Effekt zu haben. Denn beispielsweise enthält 1 Liter Dibenzyltoluol (Wasserstoffträger LOHC mit 0,057 kg H2 a´ 33,33 kWh/kg)  1,27 kWh/l (nach Dehydrierung), während Diesel 10,5 kWh/l enthält. Für andere LOHC sieht das Verhältnis Trägermenge/H2 Gehalt nicht anders aus. 

Die Brennstoffzelle wird mit einem Wirkungsgrad von 70% angenommen und bringt somit aus einem Liter Dibenzyltoluol 0,6 kWh aufs Rad und der Dieselmotor bringt mit 48% (der neueste liegt bei 50%) 5,1 kWh aufs Rad. 

Und … zu guter Letzt muss erwähnt werden, dass für dieses Szenario Elektrolysekapazitäten von ca. 73 GW erforderlich wären, um die notwendigen 9,1 Millionen Tonnen Wasserstoff als Ersatz für die nur 30% Diesel-Fahrzeuge (entspricht ca. 22% des gesamten PKW-Verkehrs) herzustellen. Die CO2-Emissionseinsparung entspricht hier dem Ersatz von 30% der Diesel-PKW oder auch den 22% der Emissionen des gesamten PKW-Verkehrs. 

Erneuerbare Stromerzeuger wären, je nach Aufteilung  onshore, offshore und PV, mit gigantischen ca. 545 GW installierter Leistung dabei. Derzeit sind ca. 152 GW Leistung in Wind und PV installiert. 

Man muss sich fragen, ob es sich um eine Wertschöpfungskette oder nicht doch eher um eine Wertvernichtungskette handelt. Energie wird „vernichtet“ oder besser, nutzlos hin- und her in Wärme umgewandelt in dieser Kette. Das ist einmal Fakt.   

Grafik: Darstellung der „Wertschöpfung“ der Wasserstoffkette in LOHC gespeichert im Verhältnis zum Diesel

Mit diesen beiden Beispielen der angedachten Wasserstoffverwendung sind zwei kleine(!) Teilbereiche dargestellt, für die Wasserstoff Anwendung finden soll. Mit allein 79,5 +73 GW Elektrolysekapazität-Bedarf liegt man hier schon bei mehr als dem Fünffachen von 30 GW. Es muss allerdings, ganz wichtig(!), noch Wasserstoff hergestellt und gespeichert werden, um die Volatilität der Energieerzeuger Wind und PV ausgleichen zu können und genügend Speicherkapazität vorhanden sein, eine Dunkelflaute von im schlechtesten Fall 10 Tagen abpuffern zu können. Stahl- und chemische Industrie? Es scheint in Kauf genommen zu werden, dass diese bis 2030 abgewandert sind. Das Gleiche gilt vermutlich auch für Glas- und Zementindustrie sowie diverse andere Unternehmungen, die auf Gas, Öl und Strom angewiesen sind. LKW- und Bahnverkehr?

Die erforderliche zusätzliche Installation der Erneuerbaren Energien in Wind und Sonne (113 + 545 GW) mit 658 GW stellt die mehr als vierfache Leistung der 2022 installierten Leistung in Deutschland dar. Wie oben schon erwähnt, werden diese Kapazitäten vornehmlich in anderen Ländern errichtet und der dort hergestellte Wasserstoff importiert werden müssen. 
Anmerkung der Red.: Der Transport von Wasserstoff über weite Strecken ist bis jetzt ein Phantasieprojekt: 
https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-20242/der-neue-supertanker-fuer-gruenen-wasserstoff/ 

Noch einmal zu den Erfolgsmeldungen: es handelt sich immer um kleine Projekte und es wird immer „versäumt“, diese auf allen notwendigen Ebenen für den Leser hoch zu skalieren, damit er verstehen könnte, wie das Ganze denn einmal umgesetzt werden soll. Es werden auch so gut wie nie Angaben über den Energieinput sowie Angaben über die gesamte Produktionskette mit entsprechenden Daten zu Leistung und Energieverbrauch gemacht (wäre ja auch meist negativ oder zumindest ernüchternd). 

Natürlich, CO2-Emissionen sollen reduziert werden. Das ist ja der eigentliche Hintergrund, bzw. die einzige Begründung. Aber wie oben gesehen, würde das im Fall der Beimischung zum Erdgas erst bei einer 100%igen Umstellung Wirkung zeigen, denn selbst mit 90%iger Beimischung H2 zu Erdgas sind die CO2-Emissionen nur um 30% reduziert. Wer denn nun noch glaubt, dass die Zielsetzung die Rettung des Planeten vor dem „Hitzetod“ durch CO sei, der muss sich zuerst einmal fragen, warum Kernkraft (hier) abgeschaltet wurde. Wenn in 12 Jahren (es sind immer wieder irgendwie 12 Jahre) die Welt wegen „Überhitzung“ untergehen soll, weil CO2 daran schuld sei, kann niemand im Ernst meinen, Kernkraft hätte uns vorher vernichtet. 

Nachhaltigkeit der Stromproduzenten

Zu guter Letzt soll noch die folgende Grafik beigefügt werden, um einmal aus einem anderen Blickwinkel die Verhältnisse zu verbildlichen. Auch aus dieser Sicht lässt sich schwer vorstellen, dass man es bei der Energiewende in irgendeiner Form mit einer „Wertschöpfungskette“ zu tun haben könnte. 

Quelle:
ttps://sciencefiles.org/2024/12/02/solarparks-kampf-gegen-globale-erwaermung-durch-lokale-erwaermung-studie/

Vorausgesetzt, die angegebenen Materialmengen stimmen, kommt man zu folgendem Ergebnis: Sucht man sich die benötigte Energie pro Tonne der jeweilig verwendeten Materialien heraus, die für die Produktion einer Tonne der entsprechenden Materialmenge erforderlich ist, ist der Energieeinsatz bei Solar PV 29 Mal und bei Wind 11 Mal  höher als für Kernkraft. 

Berücksichtigt man nun noch die Laufzeiten der Anlagen PV (20 Jahre) und Kernkraft (40 Jahre), dann ergibt sich für PV ein Energieeinsatz pro installierter Megawattleistung von 2.635 kWh je TWh, für Wind (20 Jahre) 334 kWh je TWh und für Kernkraft ein Energieeinsatz von 3,44 kWh je TWh. Jetzt sprechen wir schon vom Faktor 765 bzw. 97 der Einsatzenergien für Material bei Sonnen- und Windenergie verglichen mit  Kernkraft. Und da nennt man PV und Wind nachhaltig? 

Volllaststunden

Und wenn man nun dabei ist, sich mit diesen Dingen zu beschäftigen, stolpert man u.a. über die Volllaststunden. Für Wind-onshore werden für Deutschland im Jahr 2020 als Mittelwert über die letzten Jahre 1.990 Volllaststunden/Jahr angegeben. 2017-2023 wurden im Mittel 1.760 Volllaststunden/Jahr erreicht. Für Wind-offshore werden über 4.000 Volllaststunden im Mittel angegeben. Wikipedia spricht sogar von 3.500-5.000 Volllaststunden/Jahr. Der Mittelwert zwischen 2017 bis 2023 lag bei 3.096 Vollaststunden. 2020 wurde hier das Maximum von 3.405 Volllaststunden erreicht. Ganz besondere Aufmerksamkeit erregen jedoch die erreichten Volllaststunden für PV. Wikipedia gibt Volllaststunden für PV in Deutschland mit 800-900 Stunden an.  Erreicht wurden 2017-2023 im Mittel 796 Vollaststunden/a. Das scheint durchaus akzeptabel, wenn man die von Wikipedia angegebenen Volllaststunden für ausreichend hält. (Das Fraunhofer Institut gibt folgende Volllaststunden bei optimaler Ausrichtung an: 935  für den Norden, 1.105 Mitte und 1.280 für den Süden). [2]  Die folgende Grafik wirft Fragen auf.

Erläuterung zur Grafik: 
400 GW in der Achse links bedeuten 40 GW installierte Leistung – 400 TWh in der Achse links = 40 TWh 
Der letzte Balken für 2023 gibt die hochgerechneten Volllaststunden an, legt man den Mittelwert der Sonnenscheindauer für die Jahre 2017-2021 zugrunde. Das wären 821 statt 640 Volllaststunden. Man hätte theoretisch statt 52,9 TWh  67,9 TWh erreicht (auf der Achse 679 TWh) 

Schon 2022 sind trotz höherer Sonnenscheindauer (wie 2018) und höherer installierter Leistung keine entsprechend höheren Energieerträge zu verzeichnen. 2023 war die installierte Leistung zu 2022 nochmals um 22% gestiegen, die Sonnenscheindauer ähnlich wie in den Jahren 2019 und 2020, dennoch der Ertrag im Verhältnis zur installierten Leistung deutlich geringer. An dieser Stelle ist zu vermuten, dass Photovoltaik auf 640 Volllaststunden abgeregelt werden musste, um Netzüberlastungen zu vermeiden. Wenn der „Überschussstrom“ exportiert worden wäre, wäre er als Ertrag sichtbar. In diesem Fall könnte man davon sprechen, dass die Ausgaben für den Zubau von PV im Jahr 2023 in Höhe von über 30 Milliarden Euro fast für die Katz waren. Nun könnte man ja meinen, dieses wäre nur so lange der Fall, wie es keine/nicht ausreichend Wasserstoffspeicher gäbe. Ab 2026 könnte sogar 40% dieses Überschussstroms in H2 vielleicht sogar in der Forschungskaverne des Projekts „HYPOS“ [3] gespeichert werden (7 Millionen cbm-Speicher), wenn(!) dort Wasserstoff mit 200 bar gespeichert werden könnte (drucklos nur 8%) und wenn die nicht lieber ihren „eigenen“ Wasserstoff einlagern. Mitte Juni 2023 erfolgte der erste Spatenstich für den geplanten Windpark und den 30 MW Elektrolyseur. Ob schon die Umbauarbeiten der Kaverne zur Wasserstoffaufnahme begonnen haben? So ein Umbau soll ca. 5 Jahre brauchen.  Ist also alles noch in der Erforschungsphase.  

[1] https://www.avacon-netz.de/de/avacon-netz/forschungsprojekte/wasserstoff-im-gasnetz.html

[2] file:///C:/Users/Besitzer/Downloads/DE2021_ISE_Studie_Stromgestehungskosten_Erneuerbare_Energien.pdf 

[3] https://www.vng.de/de/newsroom/2021-09-09-grosser-meilenstein-im-wasserstoffprojekt-energiepark-bad-lauchstaedt

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